Ich habe Netflix` „Der große Blumenkampf“ angeschaut, damit du es nicht tun musst

Na endlich – die Marktforschung von Netflix hat ein Format entwickelt für alle Pflanzen-Fans, Gärtner und Blumenfreunde. Ob die Reality TV Competition Show „Der große Blumenkampf“ hält, was sie verspricht, erfährst du in meiner Rezension der ersten Folge.

Seit fast 20 Jahren fesseln sie uns vor dem TV- oder Computer-Bildschirm: Reality TV Competition Shows, also Sendungen wie „Deutschland sucht den Superstar“, „Let`s Dance“ oder auch „The Great British Bake-Off“. In den Medien ausgetragene Wettbewerbe in einer klar umrissenen Kategorie sind schnell produziert und schnell konsumiert. Wer hat sich denn nicht schon mal an einem Sonntagnachmittag auf dem Sofa durch eine Staffel Bake-Off gebingt?

Warum jetzt “Der große Blumenkampf”?

Wir alle mögen dieses Format, nur war es bisher der großen Masse und ihrem teilweise fragwürdigen Geschmack vorbehalten. Richtige Nischenthemen gab es bisher kaum. Andere Garten-Shows, die in England übrigens ein Millionenpublikum erreichen, haben sich eher auf etablierte Formate wie „Voher-Nachher“, „Gärtnern mit kleinem Budget oder sehr wenig Platz“ oder auf die ganz großen Blumenshows konzentriert. Seit einigen Jahren ist aber auch hierzulande eine große Begeisterung für alles Pflanzliche zu verzeichnen. Die sozialen Medien sind voll davon. Junge Menschen zeigen, wie sie ihre Wohnung in einen Indoor-Dschungel verwandeln, Tomaten auf dem Balkon zu ziehen ist chic, die Romantisierung der Natur erreicht einen neuen Höhepunkt. Nicht nur die langanhaltenden Dauerkrisen auf der Welt, auch die akuten Erschütterungen der letzten Zeit – Brexit, Trump, Corona – begünstigen das Sichhinwenden zu allem, was Traditionell und natürlich erscheint. Dinge, die wir bereifen können. Haptisches. Das wollen Menschen nun sehen.

„Der große Blumenkampf“ schließt also eine Lücke und ist außerdem ein Paradebeispiel für dramatisches Storytelling, also das, was alle anderen Garten- und Blumensendungen bisher vernachlässigt haben. Ob das allerdings die Qualität begünstigt, stelle ich zunächst einmal in Frage. Ich schaue nämlich Gärtnergrößen wie Monty Don sehr gerne dabei zu, wenn er in aller Seelenruhe mit seinen beiden Golden Retrivern durch sein Anwesen streift und hier und da mal den Spaten ansetzt. Don vermittelt dabei nämlich sehr viel Gärtnerwissen, mitunter deshalb waren seine Shows so populär. Wissen kann bei „Der große Blumenkampf“ kaum weitergegeben werden. Aber wie schon der unspektakulär übersetzte Titel erahnen lässt, geht es darum auch gar nicht.

“Der große Blumenkampf”: Ablauf und Preis

Aber worum geht es denn nun beim großen Blumenspektakel? Es treten acht Zweier-Teams an, die in irgendeiner Form mit Blumen und Pflanzen zu tun haben und übergroße Blumenskulpturen bauen sollen. In jeder Folge gibt es eine schier unmögliche Aufgabe, einen Sieger und ein Team, das nach Hause geschickt wird. Wer am Ende übrig bleibt, darf in London ausstellen in den Königlichen Botanischen Gärten.

Die erste Skultpur soll ein Insekt darstellen. Die Jury verweist zudem darauf, dass die Blumen-Insekten bitte auch echte anziehen sollen und ermahnt die Designer dazu, ihre Blumen dementsprechend auszuwählen. 15 Stunden haben die Teams Zeit.

Enttäuschend: Die Teile, aus denen das Gerüst der Skulptur sein wird, sind praktisch schon vorgegeben. Man muss sie eben nur zusammensuchen, dann steht das fertige Insekt. Was da jetzt genau die große Herausforderung sein soll, ist mir schleierhaft. Das ist so, als würde ich an „The Great British Sewing Bee“ (das Pendant für alle Nähbegeisterten) teilnehmen und man würde mir die fertig zugeschnittenen Teile reichen. Ich müsst nur noch zusammennähen. Aber vermutlich unterschätze ich den Aufwand, den so eine Skulptur macht.

Zunächst erscheinen alle Kandidaten angemessen mit dem Thema betraut: Hochzeitsstraußmacher, Event-Floristen und Landschaftsarchitekten sollten doch etwas auf die Beine stellen können. Dann aber, wie sollte es auch anders sein, das Hipster-Team Taylor und Nick, von Beruf Zimmerpflanzenberater. Diesen Beruf konnte wirklich nur Social-Media erfinden. Beide sind eher jung, eher attraktiv und eher hip gekleidet. Was schon auf den ersten Blick nervt, bis Taylor anfängt zu sprechen. In breitem californischen Akzent beschwert sie sich über die Absurdität ihres Gittergestells. Aber sie ist halt instagramtauglich, was soll man da sagen, so jemand muss ins Fernsehen, das ist gut für die Quote.

Meine Favoriten sind ein exzentrisch gekleidetes Männerpaar, Yan, der Däne, und Henck aus den Niederlanden. Beide sind „allerbeste Freunde“ und weil sie verrückte Hüte tragen, heißen sie ab hier „Die verrückten Hutmacher“. Meine Favoriten haben auch den besten Entwurf: Eine Sphynx-Motte mit einem meterlangen Rüssel für den Orchideennektar. Aber nur, weil jemand einen Kilt trägt, heißt das noch lange nicht, dass er der Aufgabe gewachsen ist.

Dann endlich, kommt der Run auf die Blumen. Die Teilnehmer sprinten mit Schubkarren bewaffnet los und greifen wonach auch immer. Hier soll sich ja nun die Spreu vom Weizen trennen, denn ein Teil der Aufgabe war es, insektenfreundliche Pflanzen zu wählen. Das bereitet den Hochzeitsstraußmacherinnen große Probleme, denn so etwas kennen die beiden aus ihrem Berufsalltag nicht. Sie fokussieren sich deshalb lieber auf den Ombre-Look ihres Käfers.

Wichtiges Kriterium: Die Pflanzen müssen lebendig sein und gut aussehen. Das ist wohl die eigentliche Herausforderung: Das Gestell mit Erde und Moos so auszustatten, dass die Pflanzen genug Wasser zur Verfügung haben. Die Landschaftsarchitekten bauen sogar ein Selbstbewässerungssystem ein. Die verrückten Hutmacher hingegen bauen ein überdimensioniertes Bienenhotel.

Eine Stunde vor Ende wird es spannend, denn einige Zwischenergebnisse wurden nicht gezeigt, eher diejenigen, die bis dahin nur halb fertig sind. Wogegen die Teilnehmer aber eigentlich ankämpfen ist nicht die Zeit, sondern die Hitze, die die Pflanzen austrocknet. Irgendwann sind 15 Stunden um und es geht zur Bewertung.

“Der große Blumenkampf” – wer hat gewonnen?

Die verrückten Hutmacher werden als erste bewertet. Das Ergebnis: Die Motte ist etwas zu pummelig geworden, dafür ist das Storytelling ausgezeichnet. Der Ombre-Käfer der Hochzeitsstraußmacherinnen ist aus meiner Sicht nicht wirklich obmre, sondern eher regenbogenfarben, aber den Juroren gefällt es. Extrapunkte bekommen die Landschaftsarchitekten für ihren Selbstbewässerungsschmetterling. Ein Tänzerinnen-Team hat das Farbschema nicht genug ausbalanciert. Zwei angehenden Floristinnen waren zu ehrgeizig, ein Künstlerpaar schneidet besser ab als erwartet, trotz nackter Flügel. Eine Schneckenskulptur ist wohl dem Editieren zum Opfer gefallen, ist aber auch im Vergleich wirklich kein besonderes eleganter Hingucker. Die Entscheidung fällt zwischen den beiden schwächsten Schmetterlingen. Sowohl die Tänzerinnen als auch die angehenden Floristinnen haben sich daran versucht und gegen das Exemplar mit der Selbstbewässerung eindeutig schlechter abgeschnitten. Die angehenden Floristinnen müssen nun aber heim.

Ich freue mich heimlich mit, als die verrückten Hutmacher als Sieger aus der ersten Runder hervorgehen. Die Pummelmotte hat es geschafft und erhält eine gelb-grüne Siegerrosette.

Ist es „Der große Blumenkampf“ wert gesehen zu werden? Nur wenn die Pandemie noch länger braucht und uns davon abhält, selbst nach draußen zu gehen. Man hat sich zwar um Spannung bemüht, aber irgendwie sind alle Teilnehmer so nett, dass man niemanden nach Hause gehen sehen will. Nicht zuletzt: Die Skulpturen sind zwar beeindruckend, aber nicht mein Geschmack. Zu viel gewollte Effekthascherei. Fazit: Kann man angucken, aber man verpasst nichts, wenn man es nicht tut und zu lernen gibt es leider wenig.

Bis nächsten Sonntag

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