Blind-Date Edition #5 „I Build A Garden For Us“ von Lenny Kravitz

Unbezahlte + unbeauftragte Werbung/Was kommt dabei heraus, wenn sich 14 BloggerInnen zu einem festlegten Song Gedanken machen und die entstandenen Beiträge zeitgleich ins Internet stellen? Unter dem Motto „I Build A Garden For Us“ hat jede/r von uns einen Beitrag zu dem gleichnamigen Song von *Lenny Kravitz* geschrieben.

Wir wissen nicht was die Anderen geschrieben haben, es gab keine inhaltliche Abstimmung und wir sind sehr gespannt auf das Ergebnis!

Mit dabei sind:

Gartenbaukunst, BeetkulturDer kleine Horrorgarten
, Karo-Tina Aldente, CardamonchaiMilli BloomRienmakäferGarteneuphorie, Seaside-Cottage, Garteninspektor, Faun und Farn, Laubenhausmädchen, Frau Meise und  Mrs. Greenhouse.

Viel Spaß beim Lesen!

„I`ve build a garden for us“ – können einem Mann romantischere Worte über die Lippen kommen? Wohl kaum, zumindest nicht in meinen pflanzenverliebten Augen. Lenny Kravitz, das war für mich immer seine Debüt-Hymne „Are you gonna go my way“. Als Gartenblogger-Kollege Björn von Gartenbaukunst dann zum Blogger Blind Date bat und mit Lennys Song ankam, konnte ich einfach nicht widerstehen. Zugegeben, ich kannte den Song von Lenny Kravitz nicht. Umso überraschender die Aktualität der Aussage: In die Paradies-Metapher mischen sich politische und anti-rassistische Aussagen. Ich habe mich hinreißen lassen und den Song mal genauer unter die Lupe genommen.

Der Garten: Liebe in all ihren Facetten

„In this garden, this lovely garden, I build a temple of love“ beginnt der Text. Der Garten also als Ort für einen Liebes-Tempel, ein uraltes Motiv, das uns schon in früheren Epochen der Menschheitsgeschichte begegnet. Beispielsweise in der christlichen Vorstellung des Paradieses. Heiliger Ort und Nahrungsspender zugleich, diese beiden an sich gegensätzlichen Eigenschaften vereint der Garten. Er macht die Naturgesetze und die Jahreszeiten erlebbar. Vergänglichkeit und ewige Wiedergeburt vereinen sich im Sinnbild des Gartens. In manchen Forschungen wird der Garten als Archetypus klassifiziert. Gärten sind kulturell übergreifend, jeder versteht, was ein Garten ist. Ein Ort, an dem Körper und Geist sich laben können, ein Ort, der die Sinne nährt. Wenn nach den Weltkriegen der kleine Garten am Haus über Nahrungsmittelknappheit hinweg half und so zu einer lebensrettenden Instanz wurde, so ist er heute Labor und Ausdruck einer Geisteshaltung. Nehme ich künstlichen Dünger oder besorge ich mir Dung vom Bauern? Kaufe ich einjährige Pflanzen und setze jedes Jahr neu oder lege ich einen auf Jahre ausgerichteten Garten an, der zu jeder Jahreszeit die heimische Fauna nährt? Die Gründe einen Garten anzulegen sind verschieden und dennoch eint sie der Wunsch einen Lebensraum zu erschaffen, um entweder Körper oder Geist oder beides zu beleben.

Was hat das jetzt mit Lenny Kravitz Song zu tun? Dort heißt es ein paar Zeilen weiter „Walk with the Father“  (durch den Garten, versteht sich) womit vermutlich der himmlische Vater gemeint sein soll. Der Liebes-Tempel also als Begegnungsstätte mit Gott? Weiter im Text spricht er davon, im Schatten Liebe zu machen, also soll der Garten nicht nur der himmlischen, sondern auch der irdischen Liebe gewidmet sein. Interessanterweise singt Kravitz in der nächsten Textzeile davon, im Meer zu baden. Also alles, was an menschlicher Paradiesvorstellung je erdacht wurde, findet sich in seinem Songtext wieder und wurde in eine Garten-Metapher verpackt. Auf die sinnliche Liebe geht er in der zweiten Strophe stärker ein, aber wichtiger scheint mit die nächste.

In Strophe 3 mischt Kravitz Politisches mit Religiösem. Er bezieht sich auf Rassismus und Krieg.

They’ll be no war 
No racial prejudice 
You’ll be my brother 
Of any color 
You’ll just be okay with us 
We’ll live each day in peace 

Und schließt das Ganze zur Bekräftigung ab mit einen Zitat aus dem Vaterunser:

The kingdom will come 
Thy will will be done 
On Earth as it is in heaven 

Kravitz, mit ukrainisch-jüdischen und bahamisch-afroamerikanischen Wurzeln, hat mit Sicherheit Erfahrungen in dieser Richtung gemacht.

1989: ein bewegtes Jahr

Der Song stammt aus dem Jahr 1989, ein weltpolitisches Schicksalsjahr, nicht nur für Deutschland, in dem im Herbst 1989 die Mauer fiel. Der Ost-West-Konflikt entspannte sich, manche sprechen vom Ende des Kalten Kriegs. Der Eiserne Vorhang wird zu einer normalen Staatsgrenze. In China protestieren Studenten gegen das Regime, was zunächst geduldet, kurze Zeit später jedoch in einem Blutbad erstickt wird. Auf dem Balkan wird der Grundstein für die Balkankriege Anfang der 1990er Jahre gelegt. In Südafrika wird Nelson Mandela nach 26 Jahren Haft entlassen, unter neuer Regierung wird das alte Apartheid-Regime abgebaut. In der Tschechoslowakei nimmt die Samtene Revolution als letzte friedliche Revolution des Jahres 1989 ihren Lauf. In Bulgarien wird Ceausescu gestürzt. Knapper kann man das Jahr 1989 nicht zusammen fassen.

Diese Veränderungen waren möglich, weil die Regierungen nicht mehr auf Unterstützung aus elitären Kreisen oder dem Volk bauen konnten. Wie ungleich die heutige Situation, in der das weinerliche Riesen-Baby aus den USA immer noch regiert und keiner ihm wirklich die Stirn bietet. Aber Rassismus ist nicht nur ein amerikanisches Problem, wie der 5 Jahre andauernde NSU-Prozess gezeigt hat. Auch in Deutschland haben sich heimlich, still und leise Strukturen erhalten und sind gewachsen, die ein friedvolles, konstruktives Zusammenleben, so könnte man wohl das Paradies-Motiv in den Alltag übertragen, ermöglichen.

Kravitz` Song ist aktueller den je

In diesem Zusammenhang meint Kravitz mit Garten eine geistige Haltung, in der Egalität und Brüderlichkeit Rassismus überwinden. In vielen literarischen Formen wird die Garten-Metapher nicht als Utopie gebraucht, sondern als Realisationsmöglichkeit einer Idee. Kravitz hätte auch ein anderes Bild wählen können, aber dass er den Garten gewählt hat, ist aus diesem Blickwinkel umso interessanter.

„I build a garden for us“ ist kein flacher Popsong, sondern ein künstlerisch veredeltes politisches Statement, das – leider, möchte man sagen – zeigt, dass sich seit 1989 eigentlich gar nicht so viel geändert hat. Auch 30 Jahre später gibt es Rassismus, Sexismus, Kriege – und auch wenn sie dank Social Media endlich öffentlich werden und Debatten über Werte anstoßen, so verläuft sich auch vieles im Sand. Beschämend, dass wir noch weiter von unserem Garten träumen müssen, anstatt lustvoll jeden Tag darin zu leben. Sich in die eigenen grünen vier Wände zurück zu ziehen wird nicht ausreichen. Handeln ist gefragt. Die derzeitige Situation ist zu prekär, um sie auszusitzen.

Gleichzeitig zeigt der Song aber auch, wie fragil politischer Frieden ist. Und wie gleichgültig manche Machthaber damit umgehen. In solchen Momenten werde ich wieder willen zur Misanthropin. Wird die Menschheit es je schaffen, ihre Differenzen zu überwinden? Die Frage lasse ich hier jetzt mal so stehe und wünsche jedem, wirklich jedem Erdenbürger, einen Garten, auf dass der von Gier verzerrte Geist sich befrieden und weisere Entscheidungen treffen möge.

Bis Mittwoch,

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7 Kommentare

  1. Björn

    Hi Carla,
    das Blind-Date ist echt jedes mal wieder ein Wahnsinn. Es gibt so viele verschiedene Heransgehens- und Sichtweisen an ein Lied. Wenn man zum Beispiel unsere beiden Beiträge vergleicht kommt das sehr gut zu Vorschein. Sie sind vom Ergebnis der Deutung her sehr unterschiedlich … oder auch nicht. In mir hat der Text aus einem bestimmten Grund eher etwas Abscheu hervorgerufen … aber nicht weil ich Frieden und das Paradies doof finde. Denn gerade momentan fragt sich ja schon häufig in was für einer Welt wir eigentlich leben und ob die Menschheit noch alles beisammen hat im Kopf.
    Ich habe das Lied eher als Liebeslied gesehen und fand es aus der Perspektive sehr kitschig und langweilig
    Liebe Grüße
    Björn

    … the important thing is PEACE …

    Antworten
    • FaunundFarn

      Hey lieber Björn,

      ich bin ja noch gar nicht dazu gekommen, die anderen Beiträge zu lesen. Sitze gerade im Zug nach 2 Wochen eingeschränkten Internetzugangs, jetzt muss ich mich aber ranhalten! Ich glaube ja, dass der Lenny damit eine weit gefasste Vorstellung von Liebe darstellen wollte. Aber die Strophe über die Liebe zwischen zwei Menschen hat meiner Meinung nach nicht die Inensität der dritten Strophe, und vermutlich habe ich auch meinen ganz persönlichen Filter, der unbedingt etwas Politisches dort sehen möchte.

      Liebe Grüße und ich freue mich aufs nächste Blogger Blind Date!
      Carla

      Antworten
  2. Anja

    Liebe Carla,

    vielleicht lässt sich mit dem Anlegen eines Gartens nicht gleich die ganze Welt retten, aber es ist doch ein guter Schritt in die richtige Richtung. Jedem Menschen ein Garten – ein schöner Wunsch.

    Liebe Grüße
    Anja aus dem kleinen Horrorgarten

    Antworten
    • FaunundFarn

      Hallo liebe Anja,

      Trump würde etwas Erde unter den Nägeln sicherlich nicht schaden 😀

      Liebe Grüße, Carla

      Antworten
  3. Franziska

    Ich hoffe so sehr, dass wir das schaffen! Also, unsere Differenzen zu überwinden. Du sprichst mir aus der Seele mit Deinem Post, genau das denke ich auch oft. Wie viel schöner könnte die Welt sein und wie viel netter wären alle zueinander, wenn mehr Menschen einen Garten hätten. (Aber keinen, in dem Rasenkanten mit der Nagelschere und Hecken anhand von Schablonen geschnitten werden.) Liebe Grüße!

    Antworten
    • FaunundFarn

      Hey liebe Franzikska,

      aber wenn jemand seine Pedanterie im Garten auslebt und ansonsten völlig gechillt ist, weil er ja sein Ventil hat – dann soll er ruhig mit der Nagelschere seine Halme stutzen, jedem Tierchen sein Plaisierchen. Aber ja: Mehr Gärten braucht die Welt. Als Spielplatz für Erwachsene.

      Liebe Grüße, Carla

      Antworten
  4. Dani

    Habe bei diesem Song gleich mal einen Tracker, zumindest ein Foto davon, rausgeholt und hatte ähnliche Assoziationen, es grundlegend anzugehen, den Gartenbau.
    Liebe Grüße, Dani

    Antworten

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